Meine persönliche Crowdfunding-Bilanz

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Freier Journalist mit Schwerpunkt Technik, Sachbuchautor und Dozent. Nerd, Geek und vieles mehr. Homepage: www.timo-stoppacher.de Weitere Profile von mir: @CGNTimo, Facebook und Instagram. E-Mail timo@stoppacher.de

Ich habe in den letzten zwei Jahren diverse journalistische Projekte mit Crowdfunding unterstützt. Meiner Meinung nach ist Crowdfunding eine gute Variante für eine Anschubfinanzierung. Außerdem können die Macher eines Projekts so leicht feststellen, ob sich überhaupt jemand für ihre Idee begeistert. Doch wie nachhaltig ist Crowdfunding? Können so finanzierte Projekte mittelfristig wirtschaftlich erfolgreich sein? Dieser Frage möchte ich heute nachgehen und habe mal geschaut, was aus meinen Unterstützungen geworden ist.

feo.do

Dieses Projekt hat meine allererste Crowdfunding-Unterstützung überhaupt bekommen. Geplant war (nachzulesen bei basicthinking.de):

Feodo soll aber nicht das x-te Nachrichtenmagazin werden. Ziel soll es sein, “Slow Media” zu fördern. Journalisten sollen auf Feodo ihre Projekte vorstellen und via Crowdfunding Geld sammeln, um aufwändigere Beiträge zu produzieren. Das können etwa Reportagen, Kurzfilme, Podcast-Serien oder Infografiken sein, Datenjournalismus, Investigatives. Alles, wofür mehr als ein paar Stunden Recherche notwendig sind, im Redaktionsalltag aber selten Zeit bleibt.

Ich habe damals im Herbst 2012 das Projekt mit 20 Euro unterstützt und ehrlich gesagt bis kurz vor Weihnachten 2014 vergessen. Denn da meldete sich Initiator Thomas Reintjes in einer Mail und brachte feo.do wieder in Erinnerung:

Gehaltsverhandlungen
Ich gebe dir Geld, weil ich dein Projekt gut finde

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Einerseits: bei mir persönlich. Einige Wochen nach dem Ende der Crowdfunding-Kampagne ergab sich für mich die Gelegenheit nach New York zu ziehen. Ich sah das als große Chance für mich und auch für Feodo, denn New York ist gleichzeitig wichtige Medien- und Startup-Stadt. Andererseits ist New York natürlich nicht gerade billig, was mich an meinen alten freiberuflichen Tätigkeiten festhalten ließ. Das wiederum funktionierte so gut, dass ich auch nach dem Umzug voll ausgelastet war und an Feodo nur denken aber nicht arbeiten konnte.

Andererseits ist im deutschen Medienmarkt viel passiert. Viele Dinge, die ich mit Feodo angehen wollte, sind von anderen angegangen worden. Die Krautreporter haben ihr neues Online-Magazin erfolgreich per Crowdfunding finanziert. Und auch das Wissenschaftsmagazin Substanz hat das geschafft. Bei Substanz haben die beiden Gründer Denis Dilba und Georg Dahm eigentlich alles umgesetzt, was ich mir für Feodo gewünscht hatte. Dazu gehören das spannende Storytelling im Web – sowohl textlich, als auch visuell, und ein Abomodell, das es erlaubt alle Beteiligten fair zu bezahlen.

Das gesammelte Geld hat Thomas dann an das Projekt Substanz (siehe unten) weitergegeben. Als Ausgleich habe ich einen 4-Wochen-Zugang zu Substanz bekommen. Ich kann Thomas‘ Begründung voll und ganz nachvollziehen und erwähne das Projekt hier nur der Vollständigkeit halber und nicht, weil ich jemanden für das Scheitern eines Projekts anprangern möchte.

Der flammende Tibeter

Das Tibet-Projekt

Der Titel dieses Projekts beschreibt leider keine kulinarische Köstlichkeit des Fernen Ostens, sondern das Phänomen bei dem sich Menschen im von China besetzten Tibet aus Protest oder Verzweiflung selbst anzünden und dabei zu Tode kommen. Mit dem Crowdfunding wollte meine Kollegin und Freundin Pauline Tillmann ihre Recherchereise nach Tibet finanzieren und anschließend die Geschichte veröffentlichen. Es kamen 3.500 Euro zusammen. Zwar lief das Projekt grundsätzlich nicht so, wie Pauline es sich ursprünglich vorgestellte hatte, aber das Ergebnis kann sich meiner Meinung nach trotzdem sehen lassen: http://www.dastibetprojekt.de/ (leider nicht mehr online).

Außerdem hat Pauline in ihrem Blog über ihre Crowdfunding-Erfahrungen geschrieben.

Meine Belohnung für meine Unterstützung von Pauline: ein Brief aus Nepal – hat man nicht alle Tage in der Post.

SHIFT – Das Magazin mit Hirn, Herz und Horizont

Das nächste Projekt auf meiner Crowdfunding-Liste ist das Magazin SHIFT von Daniel Höly. Für 10 Euro konnte ich hier einem Magazin für „junge Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren“ zum Start verhelfen. Genau meine Zielgruppe. Als das Magazin fertig war, bekam ich ein ziemlich dickes Heft mit vielen spannenden Artikeln. Eigentlich sollte SHIFT schon längst regelmäßig erscheinen, doch Daniel Höly hat zunächst im Hintergrund die Grundlagen für einen eigenen Verlag gelegt und will ab diesem Jahr SHIFT vierteljährlich herausgeben.

Dazu hat er gerade die zweite Crowdfunding-Runde eingeläutet. Im Interview mit Lousy Pennies erzählt er noch ein bisschen mehr dazu.

Substanz – das digitale Wissensmagazin

Wissenschaftsmagazin Substanz

Für mich als Technikjournalisten ein spannendes Thema: ein reines Online-Wissenschaftsmagazin, das zudem nur per Bezahlschranke abrufbar ist. Ich habe das Projekt von Georg Dahm und Dennis Dilba mit 10,50 Euro unterstützt. Dafür habe ich nach dem Start von Substanz im November einen Code für eine Woche Zugang zum Magazin bekommen. Das fand ich persönlich ein bisschen wenig, ich hätte mir eher einen Monat erhofft (den ich dann schließlich über mein Crowdfunding für Feodo bekam). Aber dafür machen die Geschichten in Substanz richtig Spaß, weil sie die Möglichkeiten des Internets richtig ausreizen. Besonders gut gefallen hat mir die Geschichte über eine radioaktive Vergiftung, die super aufbereitet war. Ich hoffe, dass mehr Nutzer an Substanz Gefallen finden.

Die Krautreporter

Hier ist es für eine Bilanz sicherlich noch zu früh, das mit der Crowd finanzierte erste Jahr ist erst zur Hälfte vorüber. Für 60 Euro bekamen die anderen Unterstützer und ich ein Krautreporter-Jahresabo. Ich finde die bisher erschienenen Beiträge ganz nett, den absoluten Oberkracher vermisse ich jedoch bislang. Eine sehr dezidierte Meinung hat Meike Lobo geschrieben.

Fazit

Crowdfunding hat bei vielen Projekten den Stein ins Rollen gebracht. Dass auf diese Art angeschobene Projekte sich dauerhaft etablieren, kann man noch nicht absehen. Aber das kommt vielleicht noch. Ich hoffe es. Denn jedes erfolgreiche Crowdfunding macht bestimmt anderen Mut, es selbst auch zu probieren.

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2 Kommentare zu “Meine persönliche Crowdfunding-Bilanz

  1. Danke für deine Bilanz der unterstützten Projekte. Die Hürde das benötigte Geld einzusammeln ist ja oft schon hoch, aber wenn es gelingt, ist der Erfolg ja noch nicht vorprogrammiert.

    Bei der zweiten Crowdfunding Aktion von Daniel Höly (zweite Shift-Ausgabe) bin ich auch dabei. Ein weiteres – in meinen Augen spannendes Projekt – ist das Block-Magazin von Theresia Enzensberger. Die neue Ausgabe geht in Druck, sobald genügend Vorbestellungen existieren – auch eine Art Crowdfunindg. Es würde mich sehr freuen, wenn es klappt, denn einer der Vorbesteller bin ich. Über das Magazin hatte ich vor geraumer Zeit in meinem Blog unter http://www.der-freigeber.de/ein-magazin-ohne-rubriken-und-marktforschung/ berichtet.

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