Sieben Gründe, warum freie Journalisten gute Zeitmanager sein sollten

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Studierter Technikjournalist (B.Sc.) und Kommunikationsmanager bei der Bayer MaterialScience AG. Kommunikation ist Leidenschaft, Produktivität ist Hobby, @dimalogy ist Twitter-Handle.

9 to 5 ist im Journalismus kaum möglich - aber rund um die Uhr zu arbeiten, ist auch keine Lösung.
9 to 5 ist im Journalismus kaum möglich – aber rund um die Uhr zu arbeiten, ist auch keine Lösung. Bild: Bettina Blaß

Selbst entscheiden, wann, woran und wie lange man arbeitet: Einerseits ein verführerischer Vorzug der Selbstständigkeit. Doch wer als freier Journalist seinen Lebensunterhalt bestreiten muss, kennt sicher auch die Kehrseite der Medaille: Der Unabhängigkeit stehen harte Arbeitsbedingungen und steigende Arbeitsanforderungen gegenüber.

Die freie Zeiteinteilung ist dabei Fluch und Segen zugleich. Denn das selbstständige Zeitmanagement kann sich sowohl positiv als auch negativ auswirken – auf den Kontostand und auf das eigene Wohlbefinden.

In meiner Bachelorarbeit habe ich mich wissenschaftlich mit der Frage befasst, welche Rolle das persönliche Zeitmanagement für freie Journalisten spielt. Anhand von Interviews mit Freien habe ich sieben Aspekte herausgearbeitet, die zeigen, warum Zeitmanagement zu den wichtigsten Kompetenzen freier Journalisten gehört.

1: Freie müssen Aufwand und Kosten kalkulieren

Kunde droht mit Auftrag. Doch wie viel sollte man dafür verlangen und wann wird der Beitrag fertig? Um die eigene Arbeit nicht unter Wert zu verkaufen und den Kunden nicht mit unrealistischem Preisschild abzuschrecken, hilft eine vorausschauende Einschätzung des zeitlichen Aufwands. Anhand der nötigen Arbeitsstunden und des gewünschten Stundensatzes kommt man auf einen realistischen Betrag. Die Aufwandsschätzung gehört somit zum Alltag freier Journalisten und hilft nicht nur bei der Kostenkalkulation: Sie ist auch ein guter Richtwert, um sich nicht auf zu niedrige Honorare einzulassen oder zu viel Zeit mit der Perfektion eines Beitrags zu verschwenden.

2: Freie müssen Aufträge und Aufgaben priorisieren

Worst case is success: Akquise zeigt Erfolge und zahlreiche Aufträge gehen ein. Doch welche Aufträge sind die wichtigsten, welche sollte man erst später angehen oder lieber ablehnen? Das Priorisieren ist eine wichtige Zeitmanagement-Aufgabe und ein anspruchsvoller Prozess im Alltag freier Journalisten. Konflikte zwischen Aufgaben, die besonders viel Spaß machen und Aufträgen, die besonders gut honoriert werden, erfordern schwierige Entscheidungen. Hinzu kommen weitere Faktoren: Manche Aufträge lohnen sich, weil sie attraktive Folgeaufträge in Aussicht stellen, den eigenen Horizont erweitern oder wichtige Kontakte zustandekommen lassen bzw. aufrechterhalten.

3: Freie müssen Überblick behalten

Wer parallel an mehreren Projekten arbeitet, muss stets die entsprechenden Fristen im Auge behalten. Alle anstehenden Aufgaben und Termine im Gedächtnis zu verwalten setzt eine der wichtigsten Eigenschaften eines freien Journalisten aufs Spiel: seine Zuverlässigkeit. Eine gute Alternative, zu der freie Journalisten gerne greifen, um die Zuverlässigkeit nicht zu gefährden, ist die schriftliche Planung und Kontrolle des eigenen Zeitmanagements.

4: Freie müssen selbst auf ihre Work-Life-Balance achten

Ohne Chef kann man so lange arbeiten, wie man will. Wochenenden, Feiertage und Nächte stehen dabei auch zur Disposition. Dadurch kann die freie Zeiteinteilung schnell zum Opfer der Profitmaximierung fallen, wenn Freie selbst nicht konsequent auf ihre Work-Life-Balance achten. Bei schwacher Auftragslage kann der finanzielle Druck eine Angst erzeugen, die das Privatleben schnell in den Hintergrund rückt. Aber auch eine gute Auftragslage und der intrinsische Spaß an der Arbeit können exzessive Arbeitszeiten verursachen. Besonders zu Beginn ihrer Selbstständigkeit neigen Freie dazu, extrem viel Zeit in Arbeit zu investieren und vernachlässigen dabei ihr Privatleben und ihre Gesundheit. Zu einer ausgewogenen Work-Life-Balance verhilft ein proaktives Zeitmanagement, das genügend Freiräume für Privates einräumt.

5: Freie müssen selbst Aufschieberitis und Ablenkungen vermeiden

Die freie Zeiteinteilung kann auch zum Gegenteil vom exzessiven Arbeiten führen – auch bekannt als Aufschieberitis. Bei schlechtem Zeitmanagement kann der fehlende soziale Druck schon mal dazu verleiten, alles andere zu machen, außer produktiv zu arbeiten. Besonders Freie, die nicht mit anderen Kollegen arbeiten, müssen sich ganz allein dazu motivieren, ihre Zeit mit wichtigen Aufgaben zu verbringen.

6: Freie müssen ihre Arbeitszeiten synchronisieren

Trotz ihrer Flexibilität müssen freie Journalisten ihre Arbeitszeiten an eine Reihe von äußeren Bedingungen anpassen. Kunden und Experten stehen in der Regel nur zu bestimmten Uhrzeiten zur Verfügung und manchmal strebt man gemeinsame Freizeit-Blöcke mit Familie oder Freunden an. Um diese Synchronisation erfolgreich zu bewältigen, müssen Freie alle relevanten Aspekte bei ihrem Zeitmanagement beachten.

7: Freie sollten langfristige Ziele verfolgen

Langfristige Planung ist sicher kein typischer Bestandteil im Alltag freier Journalisten. Schließlich geht die Entscheidung, selbstständig zu arbeiten, oft mit bewusstem Streben nach Spontanität einher. Selbst Freie, die langfristige Zielsetzung für wichtig halten, gehen ihr schlichtweg nicht nach. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Tätigkeiten wird sie weder direkt honoriert noch von jemandem gefordert. Doch Freie, die der langfristigen Planung bei ihrem Zeitmanagement keine Beachtung schenken, laufen Gefahr, im Alltagstrott den Blick für das große Ganze zu verlieren und wie in einem Hamsterrad nur noch kurzfristig rentablen Aufträgen hinterherzulaufen.

Fazit

Die persönlichen Ziele freier Journalisten mögen genauso vielfältig sein wie ihr Berufsbild. Doch um diese Ziele zu erreichen, müssen sie alle eine Frage immer sinnvoll beantworten können: Womit sollte ich heute meine Zeit verbringen, um meinen Zielen näher zu kommen? Das Zeitmanagement beschäftigt sich mit der Beantwortung dieser Frage, weshalb freie Journalisten sich mit Zeitmanagement beschäftigen sollten.

Neben journalistischen und unternehmerischen Fähigkeiten gehört das Zeitmanagement meiner Meinung nach zu den wichtigsten Kompetenzen freier Journalisten. Es ist ein hilfreiches Instrument, um unter harten Arbeitsbedingungen und steigenden Arbeitsanforderungen nicht den Blick für das große Ganze und für sich selbst zu verlieren.

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